Das Buch "Der fette und der magere Lollus"

Aus Unitopiawiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Aussehen

Auf dem Einband siehst du einen lustigen Wirt und einen hageren Moench in
einer typischen Gaststube gemeinsam Wein trinken. In grossen Lettern steht
"Der fette und der magere Lollus" auf dem Buch zu lesen. Etwas kleiner
steht auch der Name des Autors darauf: "Ludwig Bechstein"

Informationen

Kann von einem Seher oder Alchemisten bestimmt werden, wenn keines gesetzt ist, wird Unbekannt angegeben. Nur der Alchemist kann bestimmen, welches Metall auch Gold, Silber, Quecksilber, Kupfer, Eisen, Zinn und Blei beinhaltet.Material: Papier
Kann von jedem bestimmt werden, eine genaue Anleitung (auch für Seher) nter Forschen im Inhaltsverzeichnis unter Gewicht.

Generell gilt zu beachten, es gibt Gegenstände die stapeln, das Gewicht (damit Volumenverbrauch) bei stapelbaren Gegenständen verhält sich anders, je nach Menge.
Gewicht:
1 (sehr leicht)
Kann von jedem bestimmt werden, eine genaue Anleitung unter Forschen im Inhaltsverzeichnis unter Licht.Licht: 0 (leuchtet nicht)
Kann von einem Alchemisten bestimmt werden, allerdings leitet sich die Brennbarkeit oft von dem gesetzten Material ab, z.b. Holz brennt, Textil brennt, Bein brennt nicht.Brennbar: ja
Kann von einem Alchemisten bestimmt werden, allerdings leitet sich die Schwimmbarkeit oft von dem gesetzten Material ab, z.b. Holz schwimmt, Textil schwimmt nicht, Bein schwimmt nicht.Schwimmt: ja

Fundort

Zu kaufen bei Nina Buchweis im Buchladen 'Buchweis' auf dem Campusgelände der Universität Stuttgart.

Inhalt

Das Märchen vom fetten und mageren Lollus.

Faksimile

         Der fette Lollus und der magere Lollus

    Es starb ein reicher Mann, welcher zwei Soehne 
    hinterliess und ein huebsches Vermoegen und Erbe. 
    Der eine der Soehne erwaehlte den geistlichen, und 
    zwar den Moenchs-Stand, der zweite einen sehr 
    weltlichen, er wurde ein Gastgeber, das heisst er 
    gab seinen Gaesten so wenig als moeglich und nahm 
    dafuer von ihnen so viel als moeglich. Er heiratete 
    nach Geld und strebte fort und fort nach Geld. Von 
    seinem Bruder borgte er dessen Erbanteil ab, da 
    dieser als Moench keines Geldes bedurfte, und wucherte 
    damit, aber nicht zu des Bruders sondern zu seinem 
    eigenen Nutzen. Seine Biermasse waren falsch, und 
    seine Weinflaschen liess er auf der Glashuette so 
    klein blasen, dass man beim Anblick einer ganzen 
    Flasche sehr in Zweifel geriet, ob es nicht eine 

    halbe sei, und seine halben Flaschen schienen alle 
    nach der schlanken Koerperbildung eines Bleistiftes 
    hinzustreben; daher hiessen sie auch bei den Gaesten 
    dieses Wirtes nie anders als Stifte. Wenn der Stallknecht 
    dem Pferde eines Reisenden Hafer vorgeschuettet hatte, 
    so trat der Wirt, wenn er sich unbemerkt glaubte, an die 
    Krippe, kripste ganze Haende voll Hafer wieder dem armen 
    Tiere vor dem Maule weg und schob ihn in seine Tasche. 
    Er sagte sich, deshalb heisse die Krippe so, weil man 
    aus ihr kripsen koenne. Es war ein durchtriebener Schalk, 
    dieser Wirt, und an ihm lag es nicht, dass er nicht recht 
    reich wurde, denn Anlagen dazu hatte er. Aber das 
    Bibelwort sagt nicht vergebens: "Die da reich werden 
    wollen, fallen in Versuchung und Stricke." Des Wirtes 
    Tun brachte nicht Segen. Was half es ihm, wenn er 
    fremden Pferden von deren Futter ein paar Haende voll 
    Hafer stahl - und eins seiner eigenen Pferde zugrunde 

    ging? Wenn er durch sein zu knappes Mass nach und nach 
    ein wenig Wein langsam gewann, und durch Nachlaessigkeit 
    seiner Leute, die er ohne Aufsicht liess, ihm ein ganzes 
    Fass in den Keller lief? Er kam nicht vorwaerts, dieser 
    betriebsame Wirt, sondern er kam zurueck in allen Dingen, 
    nur nicht von seiner Prellerei und Habsucht; diese trieb 
    er immer aerger und aerger, bis die Gaeste wegblieben 
    und das Weinstueblein leer stand, der Bratofen kalt 
    blieb und der Schornstein sich das Rauchen abgewoehnte.

    Als es so weit schon mit dem Krebsgange dieses Wirtes 
    gediehen war, schlug ihm ein neuer Schrecken in die 
    Glieder; sein Bruder, der fromme Moench, kam und sprach 
    zu ihm: "Lieber Bruder, gib mir das dir geliehene Kapital 
    heraus, ich habe meinem heiligen Schutzpatrone in unserer 
    Klosterkirche einen kostbaren Altar mit herrlicher Malerei, 
    Schnitzwerk und Vergoldung gelobt; den will ich davon 

    herstellen, und was uebrig bleibt, wenn etwas uebrig 
    bleibt, davon will ich Seelenmessen fuer unsere lieben 
    Eltern, fuer dich und mich auf ewige Zeiten stiften."

    "Grosser Gott!" schrie der Wirt, "Bruder, wie kannst 
    du so unsinnig handeln! Ich kann dir dein Geld jetzt 
    nicht herausgeben, denn ich habe es nicht, - ich bin 
    zugrunde gerichtet, und wenn du auf der Zahlung bestehst, 
    so wird mir Haus und Hof ueber dem Kopfe verkauft, ich muss 
    mit Weib und Kindern betteln gehen, und du bekommst erst 
    recht nichts, und dein heiliger Schutzpatron bekommt auch 
    keinen neuen Altar. Hoere mich an und sei vernuenftig, 
    mein lieber, gottseliger Bruder! Lass mir noch das Geld, 
    goenne mir Zeit, mich zu erholen! Du weisst, wir haben 
    eine schlimme Zeit durchgemacht, in welcher niemand auf 
    einen gruenen Zweig hat kommen koennen, ausser die Bauern; 
    die haben ihr Schaefchen geschoren und lachen uns jetzt 
    
    aus. Dein Heiliger ist gewiss ein edeldenkender 
    Menschenfreund gewesen, und hat er einige Jahrhunderte in 
    deiner Klosterkirche keinen Prachtaltar gehabt, so wird 
    es ihm darauf auch nicht ankommen, einige Jahre frueher 
    oder spaeter einen solchen zu erhalten. Gott der Herr 
    weiss, dass ich mir es gehoerig sauer werden lasse - ich 
    plage mich ueber alle Massen, Geld zu erschwingen - aber
    es geht nicht - ich komme zu nichts."

    "Das hoere ich sehr ungern von dir, lieber Bruder", 
    sprach mit Teilnahme der Moench. "Du hast den 
    schlechtesten Gast in dein Gasthaus aufgenommen, 
    den es geben kann."

    "Wer waere das?" fragte der Wirt.

    "Das ist der fette Lollus!" entgegnete der Moench.

    "Der fette Lollus?" fragte verwundert der Wirt. 
    "Du scherzest entweder, Bruder, oder du faselst. In 
    meinem Fremdenbuche steht kein Gast solchen Namens, 
    und nie hoerte ich diesen Namen nennen, wahrlich in 
    meinem ganzen Leben nicht!"

    "Das ist wohl moeglich," sagte der Moench; "dennoch 
    ist dieser schlimme Gast vorhanden, und er ist die 
    alleinige Ursache deines Vermoegensverfalles und 
    deines Zurueckkommens."

    "Den moecht' ich sehen! Ich wollt' ihn" - fuhr der 
    Wirt auf.

    "Du wirst ihm nicht gleich etwas anhaben, lieber 
    Bruder," sprach laechelnd der Moench; "allzulange 
    hast du ihn treulich gehegt und gepflegt; doch sehen

    sollst du ihn, den fetten Lollus. Er befindet sich 
    in deinem Keller; geh mit mir hinunter!"

    Verwundert nahm der Wirt den Kellerschluessel und 
    eine Lampe und dachte: "Aha, mein Bruder meint den 
    Wein; er will andeuten, ich sei mein bester Gast 
    selbst, doch da irrt er sich sehr."

    Im Keller hiess der Moench seinen Bruder die Lampe 
    auf ein Fass setzen, dass ihr Strahl in eine leere 
    Ecke fiel, hiess den Wirt hinter sich treten, zog 
    ein kleines, schwarzes Buch hervor und murmelte daraus, 
    gegen die Ecke gekehrt, eine Beschwoerungsformel. Da 
    wallete der Boden, da hob sich etwas Dickes heraus, 
    da gluehten ein paar feurige Augen, und dem Wirte gerann 
    das Blut in den Adern vor Furcht und Grauen.

    "Loelle, gehe ganz herzu!" rief der Moench. Da hob sich 
    dem dickgeschwollenen Kopfe ein unfoermlich dicker Leib 
    nach, und kurze plumpe Fuesse patschten auf dem Boden 
    des Kellers, und ein unfoermiges, scheussliches Tier, 
    dessen Haut so fett und speckig glaenzte wie die einer 
    Robbe, hockte in der Ecke.


    "Schaust du deinen werten Gast, mein Bruder?" fragte 
    der Moench zu diesem gewendet, sehr ernst. "Ich vermeine, 
    er habe sich in deiner Herberge nicht uebel gemaestet! 
    Siehst du, Bruder, alle und jede Frucht deines Truges 
    hat nicht dir angeschlagen, sondern diesem Lollus. Was 
    du den Fremden und deren Vieh abgezwackt, der hat sich 
    davon genaehrt, den durch zu kleines Mass und durch 
    zu kleine Flaschen trueglich gewonnenen Wein oder sonstiges 
    Getraenke - alles hat der Lollus geschluckt. - Unrecht 
    
    Gut gedeihet nicht, und Untreue schlaegt ihren eigenen 
    Herrn. Soll sich's mit dir und deinem Wesen bessern, so 
    uebervorteile niemand mehr, betruege niemand, uebernimm 
    niemand. Fordere, was recht ist; denn was recht ist, 
    lobt Gott. Halte ehrliches, gerechtes Mass und Gewicht, 
    siehe selbst zu deinen Sachen, taeglich, stuendlich, vom 
    Keller bis zum Kornboden. Bediene, soviel du es kannst, 
    selbst deine Gaeste, verlasse dich nicht allzuviel auf 
    Ober- und Unterkellner, auf Hausknecht und Stallknecht, 
    auf Koch und Buettner. Je mehr du Gesinde haeltst, je 
    fetter fuettert sich der Lollus."

    Nach dieser Vermahnung wurde der Wirt sehr nachdenklich 
    und sagte: "Ich danke dir, mein Bruder; ich will tun 
    nach deinen Worten, die du mir gesagt hast."

    Da beschwor der Moench den Lollus wieder und sagte: 
    "Loelle, kreuch' ein!" und schwerfaellig kroch der 
    Lollus hinterwaerts wieder in die Erde zurueck, und 
    die Kellerecke war wieder leer und glatt wie zuvor.

    "Mein Geld will ich dir noch vier Jahre lassen," sagte 
    der Moench; "dann aber muss meinem Heiligen Wort gehalten 
    werden." Darauf schied er von seinem Bruder hinweg.

    Der Wirt befolgte mit Eifer seines Bruders treuen Rat, 
    aenderte seine Wirtschaft ganz und gar, richtete alles 
    besser ein, sparte am rechten Orte, veruntreute aber 
    nichts mehr. Seine Frau musste in der Kueche selbst zum 
    Rechten sehen, was sie frueher nicht getan; richtiges 
    Gemaess wurde hergestellt, auf der Glashuette wurden 
    gerechte und vollkommene Weinflaschen geblasen, und die 
    kleinen Zwergflaschen verschwanden. Dafuer stellten sich 
    
   die verschwundenen Gaeste wieder ein, der Bratofen wurde
    nicht mehr kalt, und der Schornstein rauchte wieder 
    schier Tag und Nacht.

    Des Wirtes ganzes Wesen besserte sich in jeder Weise; sein 
    Wohlstand nahm mit seiner Rechtlichkeit sichtbarlich zu; 
    sein guter Ruf und der seines Hauses breitete sich weit aus, 
    und die Gastwirte in den Nachbarstaedten begannen ihn zu 
    beneiden; denn die Reisenden fuhren lieber noch ein paar 
    Stunden in die Nacht hinein, um nur in das gute Gasthaus zu 
    gelangen, und nicht selten war dieses so von Gaesten 
    ueberfuellt, dass der froehliche Wirt dennoch eine traurige 
    Miene annehmen und die ueberzaehligen Gaste abweisen musste.

    Als nach dem Ablauf von vier Jahren der Moench, des Wirtes 
    Bruder, wiederkam, seinen Erbanteil zu begehren, empfing 
    ihn der Wirt auf das freundlichste, setzte ihm ein herrliches 
    
    Weinchen von der schoensten Farbe vor und allerlei 
    schmackhaftes Backwerk, suesse Kuchen und dergleichen, und 
    legte ihm starke Geldrollen auf den Tisch, indem er sagte: 
    "Hier, mein lieber Bruder, ist mit meinem besten Dank dein 
    Kapital samt allen Zinsen, redlich berechnet bei Heller und 
    Pfennig!" Der Moench aber sagte: "Lieber Bruder, die Zinsen 
    nehme ich nicht; solches ziemet mir nicht nur nicht als 
    einem Priester, sondern es stehet auch geschrieben: Du sollst 
    nicht Wucher nehmen von deinem Bruder. Aber ich freue mich, 
    dass du des fetten Lollus ledig bist und hast nur noch 
    den magern."

    "So?" sagte der Wirt. "Wohnt der auch im Keller? Den moecht' 
    ich auch sehen."

    "Den sollst du sehen!" antwortete der Moench, hiess den Wirt 
    voran in den Keller gehen und hob drunten seine Beschwoerung 
    
    wieder an. Da bewegte sich ganz langsam hinten in der Ecke 
    die Erde, und allmaehlich lugte ein schmales Koepfchen heraus 
    mit ganz matten Augen.
   
   "Loelle, gehe ganz herzu!" sprach der Moench. Da wand sich 
    der Lollus matt und muehsam aus dem Boden und erschien 
    aeusserst abgemagert; seine Haut glaenzte nicht mehr wie 
    Speckschwarte, sondern war verrumpfelt und verschrumpfelt 
    wie eine Baumrinde und sah aeusserst hinfaellig aus. "Nun 
    ist's gut, das freut mich!" sprach der Moench. "Loelle, 
    kreuch ein!" - Da kroch der Lollus wieder hinterwaerts, 
    aber ganz langsam, in den Kellerboden zurueck, und in der 
    Ecke war nichts zu sehen.

    "Hab' acht, Bruder" sagte der Moench; "wenn du bleibst, 
    wie du jetzt bist, so haelt es der Lollus kein Vierteljahr 
    mehr bei dir aus. Entweder er verkommt, oder er geht ein 
    
    Haus weiter und sucht sich einen Herrn, der ihn besser 
    naehrt als du." - Dieses Trostes war der Wirt ueber alle 
    Massen froh und segnete seines weisen Bruders Rat tausendfach.
    
                        ENDE